Aktionsabend DIE KINDER DER UTOPIE in Freiburg

Bis auf den letzten Platz ausverkauft war am vergangenen Mittwoch die Vorstellung des Films “Die Kinder der Utopie” im Freiburger Kino Harmonie, im Podium gab es deshalb eine zweite Vorführung.

In ganz Deutschland schauten an diesem Abend fast 20.000 Menschen in 160 Städten den Film und diskutierten anschließend über Inklusion und Schule. 

“Die Kinder der Utopie” ist ein Dokumentarfilm über sechs junge Erwachsene – drei mit und drei ohne Behinderung, die sich zwölf Jahre nach ihrer Grundschulzeit wieder treffen. Schon einmal hatte der Regisseur Hubertus Siegert die Mädchen und Jungen porträtiert: sein Film KLASSENLEBEN (2005) erzählte von einer Berliner Grundschulklasse, in der Kinder mit und ohne Behinderungen und mit sehr unterschiedlichen Begabungen gemeinsam lernten – damals noch außergewöhnlicher als heute. Nun begegnen sie sich wieder und blicken auf ihr eigenes Leben und auf das der anderen. Sie sind entschlossen, ihre Zukunft anzupacken, und sind dabei voller Träume und Zweifel – und voller Respekt miteinander.

Der Film selbst bezieht nicht Position für oder gegen ein spezielles Inklusionskonzept; im Mittelpunkt stehen die Protagonist*innen mit ihren Lebensgeschichten. DIE KINDER DER UTOPIE zeigt auf berührende Weise, wie vermeintlich Stärkere und Schwächere in unserer Gesellschaft miteinander kooperieren können – sofern sie die Möglichkeit haben.

Die Selbstverständlichkeit, die “Normalität” des Miteinanders der Kinder und später der Jugendlichen war es auch, die das Freiburger Publikum beeindruckte.

In der Gesprächsrunde nach dem Film diskutierten auf der Bühne die Behindertenbeauftragte der Stadt Freiburg, Sarah Baumgart, Prof. Andreas Köpfer von der Pädagogischen Hochschule Freiburg, Hermann Maier, Leiter des Amtes für Schule und Bildung, Karoline Schiafone, Schulleiterin der Anne-Frank-Grundschule und Nils Stollenwerk, Lehramtsstudent mit dem Publikum.  Katharina Walter, Projektkoordinatorin des von IN VIA Freiburg verantworteten Netzwerks Schule für Alle, moderierte den Abend.

Alle Kinder in der Schule profitieren vom gemeinsamen Lernen, wie Schulleiterin Karoline Schiafone herausstellte; die Kinder an ihrer Schule erleben den Schulalltag gemeinsam, und “irgendwie lernen sie auch dabei” (Filmzitat). “Es ist sogar eigentlich so, dass die Kinder mit Beeinträchtigungen uns Lehrkräfte und Schulen dazu herausfordern, uns noch gezieltere Gedanken über eine wirklich kindgerechte Pädagogik zu machen.”

Für den Studenten Nils Stollenwerk, war “Inklusion” in der Schulzeit kein Thema. Es war ganz “normal”, dass die anderen ihn schwierige Treppen hinunter trugen, und er war beim Fußballspielen immer der begehrteste Torwart – sein Rollstuhl war fast so breit wie das Tor … 

Zur Frage, was die Stadt Freiburg tue, um Inklusion an Schulen voranzubringen, erklärte Hermann Maier, dass das Konzept der Stadt vorsehe, alle Grundschulkinder wohnortnah, d.h. im eigenen Schulbezirk, zu beschulen;  auch alle Freiburger Realschulen ermöglichen Inklusion. Als Herausforderung benannte Maier, neben der Ausstattung mit ausreichend Ressourcen, Personal und Barrierefreiheit der Schulen, den Bedarf an Fort- und Weiterbildung bzw. Qualifizierungsmöglichkeiten von Lehrer*innen.

Andreas Köpfer, Juniorprofessor für Inklusive Bildung an der  Pädagogischen Hochschule Freiburg, stellte dar, welche  Entwicklungsschritte derzeit in der Lehrer*innenbildung in Freiburg 

unternommen werden, z.B. durch die Einführung von Modulen oder durch  die forschungsbasierte Entwicklung von Fort- und Weiterbildungen im Bereich Inklusion – und welche Hürden hier gleichzeitig zu bewältigen  sind.

“Inklusion beginnt in den Köpfen” – der nötige Bewusstseinswandel betrifft nicht nur Schule, sondern die ganze Gesellschaft. Damit Inklusion zur Selbstverständlichkeit wird, brauche es ein Umdenken und den Mut die “Grenzen der eigenen Vorstellungskraft zu erweitern”, so das Plädoyer der Behindertenbeauftragten der Stadt.

Ermutigung gab es auch aus dem Publikum. Den Mut, neue Wege zu gehen, wünschte eine Rednerin aus dem Publikum, selbst Lehrerin, vor allem den angehenden Pädagog*innen.

“Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicherlich gut.” – mit dieser bei einer bekannten Kinderbuchfigur entliehenen Ermunterung zur Zuversicht beschloss Katharina Walter die Runde im Kinosaal. Zahlreiche Besucherinnen strömten anschließend ins Foyer, um dort den Dialog fortzusetzen – Sarah Baumgart hatte gemeinsam mit der Koordinationsstelle Inklusion im Namen der Stadt alle Gäste noch zu einem kleinen Imbiss eingeladen.

Kooperationspartner/innen vor Ort waren neben dem Kino Harmonie das IN VIA Netzwerk Schule für Alle, Lebensraum für alle e.V. sowie die Stadt Freiburg im Brsg.

 

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